K_06: Anna Kapelle Kürten - Weiden

"St. Anna Kapelle Kürten" in Weiden

Ute Jülich

Fassung vom 02.11.2021

Lage an der Fernhandelsstraße


Die Lage der Kapelle an der alten Handelsstraße, dem „hehren (hohen) Weg“ war sicher nicht zufällig gewählt. Durch den Standort hatten die Weidener ihre verehrte Heilige ganz nah und sie boten den vorbeiziehenden Händlern und Reisenden eine Stätte, wo sie Schutz und Hilfe für ihre Reise bei der hl. Anna erbitten konnten.

Die Beziehung der Kapelle zur Mutterkirche in Kürten war immer sehr eng. Noch heute kümmern sich Anwohner um die kleine Kapelle, wie sie es durch Jahrhunderte getan haben.


In früheren Zeiten wurde mehrmals im Jahr Gottesdienst gefeiert: am Gedenktag der hl. Anna am 26. Juli und am 22. Februar dem „Pitteschdaach“ (Petri Stuhlfeier), der im Alltag der Bewohner eine große Rolle spielte.

An diesem Tag wechselten Knechte und Mägde ihren Arbeitgeber, wenn sie sich verändern wollten und es war der Termin für Zinsabgaben und Rückzahlung von Schulden. (3)

Bis in jüngste Zeit fand wöchentlich ein gut besuchter Gottesdienst statt. Von der mehrtägigen Kirmes Ende Juli mit feierlichem Gottesdienst, Tanz, Kirmesbuden und Karussells ist allerdings nicht mehr viel übriggeblieben.
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Annenverehrung



Die Heilige Anna wurde schon früh im Oströmischen Reich verehrt. Der Kult erreichte Rom als 1202 eine Reliquie (Teil der Schädeldecke) der Heiligen in die Stiftskirche in Mainz gebracht wurde, wo sie als Schatz hohe Verehrung genoss. Durch einen besonderen Vorfall kam die Reliquie an den Niederrhein nach Düren: ein junger Steinmetz aus Cornelimünster entwendete während seiner Arbeiten im Sommer 1500 die Kopfreliquie und brachte sie in seine Heimat, in die Pfarrkirche St.Martin in Düren. Nach Bekanntwerden der Anwesenheit der Reliquie in Düren erregten zahlreiche Wunder, die man der hl. Anna zuschrieb, gewaltiges Aufsehen in der Stadt und ringsum im Jülicher und Kölner Land.


Anfang des 16. Jh. verbreitete sich die Verehrung der heiligen Anna, der Mutter Mariens, in allen niederrheinischen Landen, insbesondere auch in den Herzogtümern Jülich und Berg in geradezu stürmischer Weise. (2)

 Die Kapelle in Weiden war eine der ersten, die im Bergischen Land der hl. Anna gewidmet wurde. In Düren bescherten die zahlreichen Wallfahrten aus der näheren und weiteren Umgebung der Stadt damals einen gewissen Wohlstand. Bis heute hat sich die jährliche Anna-Kirmes in Düren erhalten und zählt zu den größten Volksfesten in ganz Deutschland.

Nach 1945 erlebte die Annaverehrung in Westdeutschland einen Aufschwung durch die Vertriebenen aus Schlesien, die in St. Annaberg einen zentralen Wallfahrtsort für ihre Anna-Verehrung verloren hatten.

Das Gebäude


Die Anna-Kapelle wurde aus hiesigen Bruchsteinen mit einem Grundriss von 7,15 m x 5 m und dreiseitiger Apsis erbaut. Auf dem Dach befindet sich ein Dachreiter als Glockentürmchen, in dem sich eine Meßschelle aus der Kirche St. Johann Baptist in Kürten befinden soll. Die Langseiten schmücken je zwei Bogenfenster. Eine Inschrift über dem Portal weist auf die erstmalige Restaurierung im Jahre 1708 unter dem Kürtener Pastor Breidenbach hin, der auch die Vikarie in Kürten errichten ließ. Nachdem 1836 ein Großfeuer den Hof Weiden samt der benachbarten Kapelle bis auf die Grundmauern vernichtete, wurde sie von den Bewohnern im Zuge des Wiederaufbaus des Hofes neu errichtet. Mit relativ wenig Schäden kam die Kapelle während des Bombenangriffs auf Weiden und Herweg am 10. Februar 1945 davon.

Innenausstattung


Als im Jahre 1947 Heinrich Pohl, der neben der Kapelle aufgewachsen ist, seine Primiz in der Kapelle feierte, wurde das Innere des Kirchleins von der Nachbarschaft neu hergerichtet. Mit Altar, Kommunionbank, Kniebänken, neuen Fenstern und Lampen erhielt es eine völlig neue Inneneinrichtung.

Die letzte große Renovierung erfolgte anlässlich der 500-Jahrfeier im Jahre 2007. Dabei fand eine Generalsanierung von Mauerwerk, Dach und Elektroinstallation statt. Teilweise wurde auch die Inneneinrichtung erneuert. Sehenswert sind die zwei neuen Fenster, die der aus Schlesien stammende Künstler Franz Toenniges gestaltete: er wählte eine Darstellung der heiligen Hedwig (Patronin von Schlesien) und eine der Anna-Selbdritt (Darstellung der heiligen Anna und ihrer Tochter Maria mit dem Jesuskind.) Die Realisierung besorgte die Kürtener Glaskünstlerin Maria Schätzmüller-Lukas. (7)

Die Dokumentation über die Ausstellung „500 Jahre Anna-Kapelle“, die Franz Toenniges auf 20 Schautafeln gestaltete, ist im Gemeindearchiv von Kürten aufbewahrt.

Die Umgebung der Kapelle


Es ist zu vermuten, dass neben der Kapelle schon früh eine Rastmöglichkeit entstanden ist. Um 1715 gibt es drei Hofe in Weiden. Die heutigen Gasthöfe „Zur Kapelle“ (Adolf Kürten) und „Zur Schmiede“ (Wilhelm Pohl) neben der Kapelle waren im 19.und 20. Jahrhundert beliebte Anlaufstellen und bis vor wenigen Jahren geselliger Mittelpunkt des Ortes.


Quellen:

(1) Opladen, Peter: Das Dekanat Wipperfürth (1956)

(2) Jux, Anton: Wie die Annen-Kapelle in Weiden bei Kürten entstand - Rheinisch Bergischer Kalender 1960

(3) Lorry, Peter: Die Anna – Kapelle in Weiden - Rheinisch Bergischer Kalender 1962

(4) Büchel, Josef / Förster, Kunibert: 500 Jahre Anna – Kapelle in Weiden - Kürtener Schriften 2007

(5) Weber, B. Förster, K. Büchel, J.: Die Anna – Kapelle in Weiden - Kürtener Schriften 2011

(6) Fuchs,Ulrich: St. Anna-Kapelle zu Weiden - Pfarrgemeinderat, Weiden 2002

(7) Wikipedia: St. Anna, Weiden. Gemeinden.erzbistum-koeln.de

(8) Panofsky-Soergel: Die Denkmäler des Rheinlandes Bd 3

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