Dürscheider Hof 

 

Fassung vom 23.02.2021

 

Aus alten Quellen wissen wir, dass die Entstehung von Dürscheid auf die Zeit der Besiedlung des Bergischen Landes im 10./ 11. Jahrhundert zurückgeht. Damals wurden Gebiete vom Landesherrn an Getreue als Lehn vergeben, mit der Verpflichtung das Land urbar zu machen. Dies konnten Adlige oder kirchliche Institutionen sein. An geeigneten Stellen wurde Land gerodet und ein Lehns- oder Herrenhof errichtet, meist mit einer kleinen Kapelle in der Nähe, einer sog. Eigenkirche. Im Laufe der Zeit kamen mehr Höfe hinzu, auf die dann der Name des Lehnshofes überging.

 

In der 2. Hälfte des 11. Jahrhundert wird ein Lehnshof „Dursen“ oder „Dursten“ erwähnt, der dem Damenstift St. Maria im Kapitol zugehörig ist. In den verschiedenen Quellen kann man verfolgen, wie sich der Name des Ortes im Laufe der Jahrhunderte geändert hat: aus Dursten, Dursen, Durschet, Durß, Durschedt, wurde im 19. Jahrhundert Dürscheid.

 

Lehnsgericht

 

1363 wird zum ersten Mal in einer Urkunde ein Hofesgericht in „Dursen“ erwähnt, was bedeutet, dass sich hier der organisatorische Mittelpunkt für alle Hofesleute befand, die dem Stift St. Maria im Kapitol abgabepflichtig waren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zusammenkünfte im Lehnshof des Stiftes stattgefunden haben.

Fast 200 Jahre später erfahren wir wieder etwas über das Hofgericht in Dürscheid. Im Jahre 1550 schickte Herzog Karl Philipp eine Kommission durch sein Herzogtum Berg, um die Zahl und Art der vorhandenen Gerichte festzustellen. In dieser Erkundigung wird bestätigt, dass die Äbtissin von St. Maria im Kapitol zu Köln: „zu Durst ein Hofesgeding (gericht)“ besaß „darinnen gehörig ungefehrlich hondert Lehenleute“.

 

Genaueres darüber erfahren wir wieder 200 Jahre später dieses Mal aus den Protokollen des Lehnsgerichtes in Dürscheid von 1756, in denen alle Lehnsleute namentlich aufgeführt werden. Im Folgenden werden die Ortschaften genannt, aus denen die Hofesleute kamen, um ihr Recht bei einer Hofübergabe zu finden. Das sind: Dürscheid, Steinthor, Ober- und Untersteinbach, Armengut am Rodtland, Armengut zum Siefen, Dahl, Keller, Spitze, Dorpe, Bölinghoven, Blissenbach, Steeg – insgesamt 53 Höfe. Dazu kamen in Herkenrath 3, in Immekeppel 4, in Cürten 32, in Bechen 11, in Hohkeppel 23, in Wipperfeld 7 und in Lindlar 6 Höfe – zusammen 86, also insgesamt waren es 139 Höfe.

 

Das bedeutete, dass all diese Hofesleute sich nach Dürscheid begeben mussten, um im Erbfall ihre Anteile am Hof oder bei Unklarheiten ihr Recht zu bekommen. Die Aufgabe dieser Gerichte wird folgendermaßen beschrieben, dass sie „die Sicherung des Besitzes der zinspflichtigen Hofleute, die Verhütung von Beeinträchtigungen der Witwen, Kinder, Erben und Gläubiger, die Erhaltung des Hofwertes und Bewahrung desselben vor Zerstückelung und sinnloser Ausnutzung “ zu gewährleisten hatten.

 

Sie tagten an festen Terminen dreimal im Jahr, meist im Sommerhalbjahr und bestanden aus einem Vorsitzenden (Dinger), einem Fürsprecher (Verteidiger) und einem Lehnsboten. Die Urteile fällten die berufenen Scheffen (Schöffen). Diese mussten einen tadellosen Lebenswandel führen: „Fromb von nahmen und famen (Ruf) seyn, nit meyneidig , ehebrüchig, hurisch, diebisch, oder mit anderen unbilligen Untaten beladen und von ehrlichen Eltern erzogen“ sein.

 

Die Lehnsgerichte wurden bei der Säkularisierung durch Napoleon 1806 abgeschafft. Ihre Aufgabe für die Gesellschaft wird in der Folgezeit von Amtsgerichten und den neu eingerichteten Katasterämtern übernommen.

Der heutige Dürscheider Hof ist bis 1803 eng mit der Funktion dieses Lehnsgerichtes verbunden gewesen und spielte damit eine überregionale Rolle für die Gegend. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Vorläuferbau mit dem ursprünglichen Lehnshof „Dursen“ identisch ist. 

 

Wirtshaus

 

Ab 1605 ist bekannt, dass die Bewohner des Dürscheider Hofes als Offermänner / Küster tätig waren und der Hof als Gasthof diente. Die Nähe eines Wirtshauses zur Kirche ist in früheren Zeiten nicht ungewöhnlich. Wenn man an die weiten Wege zur Kirche denkt, meist zu Fuß, war die Möglichkeit in der Nähe der Kirche auch eine leibliche Stärkung zu finden sehr willkommen. Dieser Brauch geht sogar auf eine Kirchenverordnung aus dem 5. Jahrhundert zurück, in der es heißt: „Gleich bei der Kirche soll ein Hospiz sein, wo der Erzdiakon die Fremden empfängt. Er soll ständig im Gästehaus der Kirche erreichbar sein.“ Eine christliche Idee, die sich in der Beherbergung der Pilger und Bedürftigen wiederfindet

 

Besitzer des Dürscheider Hofes seit 1600

 

1605 wird erwähnt, dass Christian und Christine Offermann den Dürscheider Hof erneuert haben. Es ist nicht deutlich, ob sie einen alten Hof erneuert oder einen Hof neu erbaut haben. Aus der Jahreszahl 1626 in einem alten Balken im heutigen Gebäude ergibt sich, dass das heutige Gasthaus aus dieser Zeit stammt.

 

(Ein Offermann sammelte die Spenden/Opfer (heute Kollekte) der Gemeinde während des Gottesdienstes und war gleichzeitig für die Ordnung im Gotteshaus zuständig. Später wurde er Küster genannt).

1692 erfahren wir, dass Anton und Gerhard Offermann Land hinter dem Pastorat an die Kirche abgetreten und einen Betrag von 75 Talern zum Bau der Vikarie gespendet haben.

1711 nennt sich die Familie nicht mehr Offermann sondern Dürscheid.

 

1734 wird nach dem Tod von Ehepaar Anton Dürscheid und Katharina Breidenbach der Hof aufgeteilt. Das Haus wird „onder de fierscht“ (unter dem First in der Länge) geteilt. In der Teilungsurkunde werden noch, Kuhstall, Pferdestall, Kammer, Keller, Scheuer und Schober, sowie der Pütz (Brunnen) beim Backhaus genannt.

 

Als Anton Dürscheid 1803 sein Amt als letzter Vorsitzende des Lehnsgerichtes niederlegt, ist er Eigentümer wieder des gesamten Hofes. Seine Tochter Cäcilia Dürscheid (verheiratet seit 1815 mit Peter Büchel aus Oberlerbach) übernimmt den Hof und verpachtet ihn an Peter Richerzhagen. Mit der Säkularisation unter Napoleon ab 1806 begann die Zeit der freien Verfügbarkeit über den Grundbesitz der ehemaligen lehnsabhängigen Höfe.

 

1826 wird der Dürscheider Hof an den Ackerer und Gastwirt Georg Dahl und seiner Ehefrau Katharina Schmitz verkauft. 

 

 

1869 geht der Dürscheider Hof in das Eigentum von Johann Klein und seiner Ehefrau Katharina Bilstein aus Junkermühle über. Er ist Landwirt und engagierter Gastwirt. Er richtet als erstes einen Tanzsaal im Obergeschoss ein und lädt zu Tanzmusik und Festlichkeiten ein. Er hatte die Zeichen der sich ändernden Zeit erkannt und wusste sie zu nutzen.

Er ist der Urahn der heutigen Besitzer des Dürscheider Hofes. (siehe: www.duerscheiderhof.de/Ueber_uns.html).

 

Der Dürscheider Hof steht seit 1984 unter Denkmalschutz, Denkmal Nr.: 086

 

Quellen:

 

Pohl, Heinrich: St. Nikoaus Dürscheid 1966

 

Förster, Kunibert: Dürscheid an der Dursch - Ortsgeschichte kurz gefasst, in: Kürtener Schriften, Heft 5, Herausgeber.: Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung e. V., Kürten, 2005.

 

Haasbach, August: Das Lehnsgericht des freiadeligen Kölner Damenstiftes

von St. Maria im Kapitol zu Dürscheid

in: Rheinisch Bergischer Kalender 1974-

 

Haasbach, August: Hofgericht, Küsterei und Gasthaus in Dürscheid

Manuskript, undatiert

 

Lauktien, Werner: Gasthaus zur Post in Biesfeld – neues Leben in altem Fachwerk

In: Kürtener Schriften, Heft 7 Herausgeber.: Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung e. V., Kürten, 2009,

 

Gemeinde Kürten: Denkmalliste der Gemeinde Kürten,

 

Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung e. V.: Von Wegekreuzen, Mühlen und Dolinen – Kulturhistorische Zeugnisse in der Gemeinde Kürten, Kürten 2009,

 

Fotos aus dem Bildarchiv von Norbert Grothoff www.norbertgrothoff.de 

 

verfasst von Ute Jülich 

 

 

Dürscheid: Dürscheider Hof

 

 

 

 

 

 

Gastwirtschaft von Hubert Klein aus dem Jahr 1905. Im rechten Teil sind noch deutlich die Stallungen zu sehen und die Pasche. Der Eingang befindet sich an der Traufseite zur Hauptstraße hin

 

 

Dürscheid: Dürscheider Hof

 

 

 

 

Gasthaus Hubert Klein in den 1930er Jahren. Der rechte Teil des Hauses ist zu einem Gastraum umgestaltet und mit großen Fenstern versehen. 

 

 

 

 

 

Dürscheid: Dürscheider Hof

 

 

 

 

Gasthaus Schneider aus den 1960er Jahren. Neben dem ursprünglichen Eingang zur Straße befindet sich ein überdachter Haupteingang an der Giebelseite 

 

 

 

 

 

Das Gasthaus Schneider im Winter.

 

Der Straßenverlauf Richtung Spitze macht den Blick frei auf das Haus Berscheid.
Die Hauptstraße ist noch mit Bäumen bestanden und es gibt so wenig Autoverkehr, dass sich die Kinder mit dem Schlitten auf der Straße tummeln können.  

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